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Die Stadt – Ein Lebensraum im WandelBäume müssen sich die Untergründe heutiger Städte mit einem Netz von Rohren, Kabeln und empfindlichen Versorgungsleitungen aller Art teilen.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnten Straßenbäume ohne Probleme in Gehweg- und Straßenbereiche gepflanzt werden. Damalige – heute veraltete – Pflanztechniken sahen vor, dass bei der Straßen- und Stadtbaumpflanzung an einer beliebigen Stelle ein Loch von etwa der Größe des Wurzelballens in den bestehenden Boden ausgehoben wurde. Der Baum wurde dann in dieses Loch gepflanzt und als der Baum größer wurde, fand er den benötigten Wurzelraum in den anstehenden Gehwegen und unter Straßen.Die Nutzung von Verkehrswegen und Trassen hat sich heute stark verändert. Moderne Häuser sind höher und schwerer und benötigen deshalb stärkere Fundamente und stabileren Baugrund. Die an einen starken LKW- und PKW-Verkehr angepassten Straßen verfügen über einen Unterbau, der derart verdichtet ist, dass Baumwurzeln nicht mehr in ihn hineinwachsen können. Zudem ist eine moderne Stadt auf einen Untergrund voller Technik angewiesen und der Platz dafür wird zumeist unter den Gehwegen gefunden.
Wurzeleinwachsungen können hier große Schäden anrichten. Anders als im Wald findet der Baum aber in der Stadt größtenteils nur Standorte mit beengter Durchwurzelungsmöglichkeit vor. Diesen Wurzelraum muss er sich mit vielen technischen Anlagen teilen und deren Schutz wird vom technischen Personal der Städte oftmals vorrangig betrachtet. Damit ein Baum in der Stadt überleben kann, müssen zuvor durch den Menschen gewisse Grundvoraussetzungen geschaffen werden.
Baumwurzeln wachsen optimal in Böden, die ihre Ansprüche bezüglich Wasserverfügbarkeit (Bodenwasser), Sauerstoffversorgung (Bodenluft) sowie geringen, mechanischen Widerstand (Bodenstruktur) erfüllen. Sind alle diese Ansprüche gegeben wird das Wurzelwachstum bestmöglich begünstigt.

 

Sind diese Faktoren aber nicht optimal vorhanden geht entweder der Baum ein, oder es kommt zu Problemen mit Wurzeleinwuchs, da die Baumwurzeln sich die nötigen Bereiche woanders erschließen. Im Laufe ihrer Evolution mussten sich Bäume immer wieder an neue, teilweise extreme Standortbedingungen und Umwelteinflüsse angleichen. Aufgrund dieser Anpassungsfähigkeit können Bäume auch im städtischen Siedlungsraum überleben. Bei Standorten mit sehr schlechten Wuchsbedingungen führt diese Anpassungsfähigkeit der Baumwurzeln an die vorgefundene Situation aber dazu, dass sie in die Bettungsmaterialien von Wege- und Platzbelägen einwachsen, um das Wasser-, Sauerstoff- und Nährstoffangebot in oberflächennahen Bereichen zu nutzen. In Ermangelung anderer Möglichkeiten müssen sich Wurzeln in Bereiche ausbreiten die dafür nicht vorgesehen sind. Die unterirdischen Baumorgane entziehen sich in der Regel den menschlichen Blicken, weshalb sie auch oftmals in Vergessenheit geraten. Bäume brauchen nicht nur gesunde Wurzeln, auch das Volumen der unterirdischen Versorgungsorgane muss in einem ausgewogenen Verhältnis zu den Blättern bzw. Nadeln stehen. Das heißt sie benötigen genügend Platz um sich im Untergrund auszubreiten. Wurzeln bilden ausgedehnte Systeme, mit denen sie den Boden durchdringen und sich gezielt Bereichen zuwenden, die ihren Ansprüchen hinsichtlich Durchlüftung, Feuchtigkeit, Nährstoffverfügbarkeit und pH-Wert entsprechen. Aufgrund wiederholter Baumaßnahmen werden fremde Substrate in jene Bereiche außerhalb der Pflanzgrube eingebracht, welche den Wurzeln potenziell zur Ausbreitung zur Verfügung stehen. Dadurch verändern sich diese Bodenbereiche kleinräumig und weisen demzufolge unterschiedliche Eigenschaften auf. Wurzeln wachsen aufgrund der mechanischen Eigenschaften ihrer Spitze (Kalypra) stets den Weg des geringsten Widerstandes entlang. Sobald sich die Baumwurzeln über die Dimension der Pflanzgrube ausbreiten, gelangen sie bei unsachgemäßer Pflanzgrubengestaltung unweigerlich in Leitungsgräben und bevorzugt in das Bettungsmaterial und verursachen dann Schäden an den dort befindlichen Versorgungsleitungen. Die Verantwortung hierfür liegt aber nicht beim Baum, sondern in den Händen derer, die Baumpflanzungen in Unkenntnis der tatsächlichen Gegebenheiten planen und durchführen. Zerstörungen durch Wurzelwerk und die damit verbundenen hohen Kosten lassen sich nämlich vermeiden, wenn bei der Anlage von Baumstandorten auf Qualität geachtet wird. Vor jeder Baumpflanzung sollten interdisziplinäre, fachübergreifende Experten hinzugezogen werden. Um die einzuhaltenden Kriterien am besten in die Planungen einbringen zu können, müssen diese aus den verschiedenen Bereichen kommen, in die bei der Baumpflanzung eingegriffen wird (Straßen- und Leitungsbau, Grünflächen, Stadtplanung, Anwohner, Telekommunikation etc.).

 

Eine intensive Zusammenarbeit aller Projektpartner, bereits in der Planungsphase, hat sich im Interesse der Vermeidung oder Minimierung von möglichen Folgekosten bewährt. Eine gut geplante und durchgeführte Baumpflanzung nimmt sich aller möglichen Probleme an und reduziert das Risiko von Schädlingsbefall und Krankheiten. Sie steigert die Lebenserwartung des Baumes immens und sein Wert bleibt langfristig erhalten und Folgekosten werden reduziert.