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Trier | HochwasserschutzDie Sanierung der Hochwasseranlagen am Zurlaubener Ufer vereint technische sowie stadtplanerische und landschaftsgestalterische Aspekte.
PROJEKT-HINTERGRUND

Der Deich am Zurlaubener Ufer im Trierer Norden hat für den Hochwasserschutz der Stadt eine enorme Bedeutung. Er sichert nicht nur 25.000 Menschen gegen Überflutungen ab, sondern zudem zwei Krankenhäuser. Die Anlage wurde bereits 1930 errichtet und über Jahrzehnte immer wieder erweitert. Auf Grund seines Alters entspricht der Deich nicht mehr den technischen Standards.

 

Risiko-Analyse für die Standsicherheit

Geotechnische Untersuchungen und Standsicherheitsberechnungen hatten allerdings gezeigt, dass die Standsicherheit auf der Strecke zwischen Kaiser-Wilhelm-Brücke und der Zufahrt zum Ratio-Einkaufszentrum Defizite auswies. Ein Grund hierfür waren die in Deichnähe wachsenden Bäume: Deren Wurzeln waren weit in den Deich eingedrungen und stellten damit einen Risikofaktor für die Standsicherheit dar.

Den Baumbestand weitestgehend zu erhalten und gleichzeitig die hohen Anforderungen für den Hochwasserschutz zu erfüllen, waren zwei der Herausforderungen bei der Realisierung des Projekts. Außerdem musste während der gesamten Sanierungsarbeiten der Hochwasserschutz gewährleistet bleiben.

    Bauabschnitte für die Umsetzung

    Für die Umsetzung wurde die zu sanierende Strecke in zwei Bauabschnitte unterteilt:

    • Der erste Bauabschnitt reichte von der Kaiser-Wilhelm-Brücke bis zur Jugendherberge. Die Arbeiten an dem 650 Meter langen Teilstück konnten bereits im November 2018 abgeschlossen werden.
    • Der zweite Bauabschnitt erstreckt sich auf einer Länge von 1,5 Kilometern von der Jugendherberge bis zum Ratio-Einkaufszentrum, die Fertigstellung ist geplant für den März 2021.
    BESTANDSAUFNAHME UND PLÄNE AM HOCHWASSERDEICH

    Aufgrund des hohen Alters und der unregelmäßigen Erneuerungen wies der Hochwasserdeich Trier-Nord eine Vielzahl an Defiziten auf:

    • Im Falle eines Hochwassers konnte die Deichkrone überflutet werden.
    • Die Standsicherheit der wasserseitigen Böschung war nicht mehr ausreichend gewährleistet.
    • Auf der landseitigen Böschung bestand die Möglichkeit, dass bei erhöhten Pegelständen Sickerwasser austritt.
    • Zudem ist die landseitige Böschung an vielen Stellen überbaut. Dadurch werden Maßnahmen zur Deichüberwachung und -verteidigung erschwert, zum Teil sogar verhindert.
    • Baumwurzeln im Deichinneren sorgten für Auflockerungen und öffneten Sickerwege für das Wasser.
    • Ein zusätzliches Problem waren erodierte und zu steil gewordene Bereiche auf diesem Teil der Böschung, was die Gefahr von Windbruch oder Kraterbildung erhöhte.

    Das hohe Schadenspotenzial des Deichabschnitts machte umfassende Maßnahmen umso dringlicher. Entsprechend umfangreich wurde der Maßnahmenkatalog für die Ertüchtigung des Deichs:

    • Eine schwere Fußsicherung mit Filterpackung und Drainage soll vor allem an den steilen, erosionsgefährdeten Böschungen die notwendige Sicherung gewährleisten.
    • Im Bereich des Bedienwegs des Schiffsanlegers besteht keine übersteilte Böschung. Er kann deswegen mit einer leichten Fußsicherung mit Filterpackung und Drainage gesichert werden. Durch Sitzmöglichkeiten wird sie gleichzeitig zu einem gestalterischen Element.
    • Die Innendichtung des Deichkörpers muss hergestellt werden. Zu diesem Zweck müssen bestehende Bäume auf der Deichkrone gegebenenfalls gefällt werden.
    • Der Deichkronenweg soll wiederhergestellt und zudem verbreitert werden. In einigen Teilbereichen wird die bisherige Deichkrone erhöht, um einen ausreichenden Freibord zu erhalten.

    Neben den technischen Maßnahmen wurde zugleich an einer ökologischen Aufwertung des Moselufers gearbeitet. Im Rahmen der MORO-Initiative „Integrierte Flusslandschaftsentwicklung – Landschaftsnetz Mosel“ sollte dadurch unter anderem die Erschließungs- und Naherholungsfunktion verbessert werden. Die Maßnahmen dienten außerdem dazu, in den Uferbereichen Retentionsräume für Hochwasserfälle zu schaffen.

    PROJEKT-UMSETZUNG IM ZWEITEN BAUABSCHNITT

    Als besondere Herausforderung stellten sich, wie erwähnt, die Baumbestände im Bereich des Deiches heraus. Wie auf den anderen Teilen des sanierten Abschnitts galt auch hier die Maßgabe, möglichst viele Bäume zu erhalten.

    Spundwand für die Innendichtung

    Als Sicherungsmaßnahme wurde deshalb eine Spundwand auf einer Länge von ca. 280 Metern eingesetzt. Diese gewährleistet eine ausreichende Innendichtung: Ein Durchsickern des Deiches ist mit dieser Maßnahme ausgeschlossen und selbst bei Beschädigungen der Deichböschungen bleibt die Standsicherheit erhalten.

    Ein örtliches Gutachterbüro überwachte das Einbringen der Spundwände. Die Nähe zu einem Schnellrestaurant machte es notwendig, die Arbeiten so erschütterungsarm wie möglich durchzuführen.

    Verbreiterung der Deichkrone

    Voraussetzung für diese Form der Innendichtung war eine Verbreiterung der Deichkrone. So konnte der erforderliche Abstand zu den Bäumen eingehalten werden, gleichzeitig entstand auf diese Weise ausreichend Platz, um einen neuen Deichverteidigungsweg anzulegen. Dieser wurde auf 3,5 Meter verbreitert.

    Erreicht wurde die Verbreiterung durch eine rund 200 Meter lange Winkelstützwand, die zwischen Jugendherberge und Cusanushaus auf der Wasserseite eingesetzt wurde. Eine Hinterfüllung verleiht ihr die notwendige Stabilität.

    Neuer Deichverteidigungsweg

    Für den neu angelegten Deichverteidigungsweg hatte die Stadt Trier ursprünglich gefordert, diesen zu einem Radschnellweg auszubauen. Untersuchungen ergaben allerdings, dass die dafür vorgesehene Asphaltdecke zu einem weiteren Stressfaktor für die Bäume werden könnte. Um die Bemühungen um den Baumerhalt nicht zu untergraben, wurde der Weg stattdessen mit einer Pflasterdecke abgeschlossen.

    Sanierungsmaßnahmen im Kontext des gesamten Hochwasserschutzes

    Eine Erhöhung der Hochwasserschutzanlagen wurde im Zuge der Sanierungsarbeiten nicht vorgenommen. Der betreffende Abschnitt gehört zu einem umfassenderen Hochwasserschutzsystem, das unter anderem auch die Stadtteile Ehrang (Hochwassertore und Straßendamm) und Pfalzel (mobile Schutzelemente) einschließt. Durch das Beibehalten der Deichhöhe konnte verhindert werden, dass in benachbarten Bereichen und am gegenüberliegenden Ufer größere Hochwasserrisiken entstehen.

     

    UMGANG MIT BAUMBESTÄNDEN

    Die Baumbestände auf dem Deichabschnitt sind ein wichtiges gestalterisches Element. Sie bilden beispielsweise auf einem rund 500 Meter langen Abschnitt eine Promenade mit Baumallee. Die Sanierungsmaßnahmen am Deich wurden deshalb immer auch unter der Maßgabe eines optimierten Baumerhalts durchgeführt – wo dieser möglich war.

    Daher wurden zwei unterschiedliche Lösungswege verfolgt:

    Fällungen und Ersatzpflanzungen

    An manchen Stellen konnte die Standsicherheit nur gewährleistet werden, wenn Bäume aus dem Bestand gefällt wurden. Um hierfür einen Ausgleich zu schaffen, wurden Ersatzpflanzungen vorgenommen:

    • Die Lücken in den bestehenden Baumreihen auf der Deichkrone wurden mit Spitz-Ahornen geschlossen, diese wurden ebenfalls für den wasserseitigen Weg am Einkaufszentrum verwendet.
    • Außerdem sollen auf der Landseite der vorhandenen Ufersicherung Schwarz-Erlen und Silber-Weiden angepflanzt werden. Ergänzt werden die Baumpflanzungen auf der landseitigen Böschung durch rund 125 Sträucher.

    Wurzelschutz-Brücken

    Im Nahbereich der Bäume auf der Deichkrone wurden Wurzelbrücken aus Stahlrosten verwendet. Diese sind höhenverstellbar, dienen als Zwischenelement zwischen Wurzelbereich und Pflasterdecke und bieten sowohl den Bäumen als auch der Infrastruktur eine Reihe von Vorteilen:

    Schutz für Wegedecken

    Baumwurzeln dringen nicht nur tief in den Boden ein, sondern breiten sich auch dicht unter der Oberfläche aus. Das führt häufig zu Aufwölbungen oder Durchbrüchen der Wegedecke. Die Wurzelschutz-Brücken fungieren deshalb als eine Art Puffer, mit denen sich Beschädigungen an Pflaster- oder Asphaltflächen vermeiden lassen.

    Schutz für den Baumbestand

    Die Schutzbrücken sorgen außerdem für eine nachhaltige Integration von Bestandsbäumen in neue gestaltete Flächen. Sie verhindern eine Verdichtung des Bodens, lenken Radlasten ab und gewährleisten, dass die Bäume auch im Wurzelbereich ausreichend mit Sauerstoff versorgt sind.

    Als Lösung für die Sanierungsarbeiten mit einem Fokus auf dem Erhalt des Baumbestandes, konnte damit eine optimale Lösung gefunden werden.

    Bilder:

     

    Bild 1: Adobe Stock © Sergii Figurnyi
    Bild 2: Adobe Stock © Sergii Figurnyi
    Bild 3: Adobe Stock © ANITA.photography
    Bild 4: © Christoph Schnorpfeil GmbH & Co. KG
    Bild 5: © Christoph Schnorpfeil GmbH & Co. KG
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